Freckenhorst und die Pielepogge

Ein ganzbesonderes Wappentier

Definitionen

  • piel, pile = steil, gerade, aufrecht
  • Piel, Pile = Pfeil
  • Pogge = Frosch
  • Pöksken, Pögsken = Fröschlein
  • Poggenbölken, Poggenbölkes = Froschscheckel
  • Frosch = Fuorsk, Füörke, Pilepogge, Pedde, Pogge, Perro
  • Kröte = Luork, Patüse, Üöwertaske, Üse
  • Schwein = Kotte, Stöwer, Swien,

Wörterbuch des Münsterländer Platt; Aschendorff Verlag 2000; Autor Klaus-Werner Kahl

  • Pogge - Frosch

(Quakenbrück)

  • Pielepogge, Pilepogge – Kaulquappe
  • Pogge/Pugge, Pöggsken/Püggsken - Ferkel oder ein »Schwein jeden Geschlechts und Alters«

(Rheinisches Wörterbuch)

Texte, die sich unteranderem mit dem Thema "Beziehung zwischen Freckenhorst und Pielepogge" beschäftigen

„..Freckyos Nachfahren werden von den Nachbarn in der größeren Stadt Warendorf gerne abwertend „Pilepoggen“ genannt. Die Pilepoggen sprechen dafür wenig schmeichelhaft von den „städtsken Ratten“ und unzählige Geschichten über die ernsten und heiteren Gefechte der Nachbarn werden erzählt. Daß ihre kleine Stadt kaum je mehr als 2000 Einwohner umfaßte und erst in der Nachkriegszeit dieses Jahrhunderts nach dem Zuzug Ausgebomter und Heimatvertriebener und im Gefolge einer außerordentlichen Blüte der Kleinindustrie nahe zu 8000 Menschen zählt, minderte dabei nie das Selbstbewußtsein und den Lokalpatriotismus der Freckenhorster. Daß jedoch ihre städtliche Selbständigkeit 1975 in der größeren Verwaltungseinheit Warendorf unterging, werden die Pilepoggen so schnell nicht verwinden. Sie spenden eifrig für einen Brunnen am nördlichen Ortsausgang, auf dem eine bronzene Pilepogge trotzig nach Norden spucken soll, und die Jugend sammelt sich zu ihren Festen modisch-lässig als „Poggen-Power“. Die älteren aber könnten weiterhin im Gasthaus „Herrlichkeit“ an der Ems oberhalb von Warendorf in dem stolzen Bewußtsein Kaffee trinken, daß dort die Freckenhorster Abtei jahrhundertelang ihre Fischereirechte ausübte und den Warendorfer die besten Fische wegschnappte. …

Quelle: „Freckenhorst und seine Stiftskirche“, S. 14 Verfasser: Klaus Gruhn und Jürgen Meister —–

Die Nachbargemeinschaft Kühl stellt sich vor

… Herkunft des Namens »Kühl« und Gründung der Nachbargemeinschaft

Über die Herkunft des Namens »Kühl« hat Heinrich Schütter im Jahre 1929 in »Freckenhorst Einst und Jetzt« auf S.133 über »Die Orts- und Flurnamenkunde« folgendes festgehalten: »Aus dem Zeitalter Karls des Großen stammt die Königstraße, die Hamm mit Ahlen und Warendorf verbindet. Sie durchschneidet Freckenhorst in der Richtung von Süden nach Norden unter dem Namen Langestraße. Der nördliche Teil der Langestraße hieß schon im 14. Jahrhundert der Kühl (Kuhle). Wohl wegen der feuchten niedrigen Lage, vielleicht auch wegen der großen Kuhle, dem Wettpohl«. … Seit etwa 15 Jahren ist der Frosch das Wahrzeichen der Kühler Nachbarn, entworfen vom Nachbarn Otto Krummel. Das Wappentier erinnert an die Frösche, die an der alten Kuhle inmitten des Nachbarschaftsbezirks lebten. So ist es nicht verwunderlich, daß sich die Nachbargemeinschaft sehr freute, als der Freckenhorster Heimatverein im Jahre 1984 im Kühler Bezirk auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände an der Warendorfer Straße einen Pielepoggen-Brunnen erstellte.

Quelle: Freckenhorst, Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins, Heft 6, Juli 1987, Seite 73-75 Verfasser: Klemens Enninghorst


Der Freckenhorster Pielepoggenbrunnen

Seit September 1985 plätschert auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände der WLE am Ortseingang von Freckenhorst ein Brunnen. Am Rande des Beckens liegt vor einem Erdhügel ein ca. zwei Tonnen schwerer Findling, ein Quarzit. Auf diesem Quarzit sitzen zwei Frösche und spucken in hohem Bogen in das mit Pflanzen bewachsene Wasser. Die Idee, einen Pielepoggenbrunnen zu erstellen, … Vorbei waren die Zeiten, das sich die Freckenhorster bei dem Wort »Pielepoggen« ärgerten. Der Spieß wurde umgedreht, und aus einem Spitznamen wurde ein zweites Wahrzeichen für Freckenhorst. Das Wahrzeichen Nummer ein ist und bleibt bekanntlich die Stiftskirche. …

… vom Vorsitzenden des Heimatvereins, Friedel Rose, begrüßt. Er führte u.a. aus: »Die Idee zur Errichtung eines Pielepoggenbrunnens entstand kurz nach der für uns schmerzlichen kommunalen Neuordnung im Jahre 1975. Um auch weiterhin und auch gerade wegen des Verlustes unserer Selbständigkeit Freckenhorster Selbstbewußtsein und Heimatstolz auf unsere ll00jährige Geschichte zu dokumentieren, wurde damals der Beschluß gefaßt, die früher als Beleidigung empfundene Bezeichnung Friäkenste Pielepoggen ins Gegenteil umzukehren und unserem Wappentier ein Denkmal zu setzen.

Quelle: Freckenhorst, Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins, Heft 6, Juli 1987, Seite 76-77 Verfasser: Winfried Honold


Von Häusern, die sprechen können

Häuserwände müssen nicht stumm sein. … An weltlichen Symbolen kommen vor … in Anspielung auf die Städterivalität Freckenhorst-Warendorf die „Pielepogge“und „Ratte“ bei Albers, Groneweg. …

Quelle: Freckenhorst, Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins, Heft 9, Juli 1992, Seite 61 Verfasser: Franz Josef Risse


Waar Ebers sunt, daar sunt ook Poggen - Anmerkungen zur Namensdeutung von Freckenhorst

Der Satz in der Überschrift stammt aus dem bremisch-niedersächsischen Wörterbuch von 1767. (1) Er schien mir auf den ersten Blick zum letzten Heft des Freckenhorster Heimatvereins zu passen, in dem die »Überlegungen zum Ortsnamen Freckenhorst« von Wilhelm Kohl und der Bericht von Winfried Honold über den Bau des »Pielepoggenbrunnens« stehen. Der Eber des germanischen Fruchtbarkeitsgottes Frikko und die Pogge als Freckenhorster Wappentier: waar Ebers sunt, daar sunt ook Poggen? Bei näherer Beschäftigung mit der Wort- und Sachlage wurde mir rasch klar, daß es einen Holzweg beschreiten hieße, Frikko und seinen Eberkult mit Fröschen und beides mit dem niederdeutschen Sprichwort in Beziehung bringen zu wollen - doch davon später. … 1. Pogge Daß eine Pogge ein Frosch ist, weiß hierzulande jedes Kind. Augustin Wibbelts Gedicht »Pöggsken« bietet einem Schüler oder auch einem Erwachsenen, dem das Plattdeutsche nicht ganz fremd ist, kaum Verstehensschwierigkeiten. Wenn aber der Pastor Wibbelt in seiner Pfarre Mehr bei Kleve dortigen Kindern das Gedicht vortragen wollte, mußte er zuvor eine Worterklärung geben. Im Kleverland nämlich ist Pogge die Bezeichnung für ein Ferkel oder auch für ein »Schwein jeden Geschlechts und Alters«, wie wir aus dem Rheinischen Wörterbuch erfahren (6). Das Wort lebt in dieser Bedeutung auf deutschem Gebiet beiderseits des Rheins zwischen Düsseldorf und Emmerich, rechtsrheinisch erstreckt sich das Verbreitungsgebiet bis zu einer Linie, die etwa von Düsseldorf über Mettmann und Essen auf Wesel zu verläuft. Pogge ist also im Kleverländischen und Niederbergischen beheimatet. Neben Formen mit -o- (Pogge, Pöggsken) gibt es Formen mit -u- (Pugge, Püggsken); beide existieren nebeneinander und werden auch alternierend gebraucht. Das Wort Pogge/Pugge in der Bedeutung »Ferkel, Schwein« ist aber nicht auf den klevisch-niederbergischen Bereich beschränkt. Es kommt auch weiter östlich vor.

Friedrich Woeste nennt es in seinem Wörterbuch der westfälischen Mundart, leider ohne Fundorte anzugeben (7). Heinrich Büld hat es im Vest Recklinghausen vorgefunden, in Erle und Holsterhausen (8). Aus der Gegend um Rheine teilt Büld das Sprichwort mit: »Man dröff nich de Puggen (Schweine) scheren un laot den andern de Schaope« (Man soll nicht umsonst arbeiten und den anderen den Ge-winn lassen). Daß die Puggen in diesem Sprichwort tatsächlich »Schweine« und nicht etwa »Frösche« sind, beweist eine Variante des Spruchs, die aus derselben Gegend stammt: »Vull Geschrei un wenig Wulle! sää de Düwel, dao schaor he en Swien« (9). Man wird für dieses Sprichwort hohes Alter ansetzen müssen; findet sich doch das Bild des Schweinescherens bereits im 16. Jahrhundert auf Pieter Brueghels »Sprichwortbild«. Der Bedeutungsbereich des Wortes Pogge/Pugge könnte also - wie die Belege zeigen - in einem früheren Zeitraum durchaus über den klever-ländischen Bereich hinaus bis ins West- und Innermünsterland gereicht haben.

Wenn wir mit Wilhelm Kohl annehmen dürfen, daß der Steinmetz, der am Ende des 15. Jahrhunderts den Eber an der Everswinkeler Kirche schuf, »noch um die germanische Gottheit wußte oder nur eine dunkle Erinnerung mit sich trug«, und »daß die ungewöhnlich konservative Bauernwelt des Münsterlandes uralte Vorstellungen bis in diese Zeit bewahrte« (10), dann ist auch vielleicht die These nicht abwegig, in den Friäckensten Poggen eine Erinnerung an den frühen heidnischen Eberkult in Freckenhorst zu sehen. Die Spottbezeichnung Friäckenste Poggen oder Friäckenste Pielepogge fand Büld in Warendorf, Beelen, Milte, Einen, Everswinkel, Harsewinkel, Hoetmar und Westkirchen vor. (11) Gewiß verstanden die Sprecher unter dem Wort den Frosch (oder auch die Kaulquappe), aber derartige Bedeutungsänderungen sind in der Wortgeschichte kein Sonderfall. Unsere These erlaubt es im übrigen auch, dem Spottvers »De Friäckenste Pielepogge friätt't den Höötmersken Summerroggen«, der aus Hoetmar überliefert wird (12), einen ursprünglichen Sinngehalt zuzuweisen: Frösche, die in den Sommerroggen laufen, kümmern den Bauern wenig; Schweine, die im Feld fressen und wühlen, sind dagegen höchst unliebsame Gäste. Die Friäckensten Poggen lassen sich also, wenn unsere Deutung richtig ist, zwangslos in die von Kohl gezeichnete Ortsnamengeschichte Freckenhorsts einordnen. … Waar Ebers sunt, daar sunt ook Poggen. Der rätselhafte Satz aus dem niedersächsisch-bremischen Wörterbuch harrte nach der Auflösung. Sie ist nicht schwer, wenn man weiß, daß Eber hier eine mundartliche Variante zu Adebar »Storch« ist. Also lautet der Satz: Wo es Störche gibt, da gibt's auch Frösche. Das bremische Wörterbuch kennt das Sprichwort als volkstümliche Übertragung von Mt 24,28: Wo ein Aas liegt, da sammeln sich die Adler. Dieses Bibelzitat läßt uns hoffnungsvoll von Frikko und seiner Kultstätte Abschied nehmen.

Quelle: Freckenhorst, Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins, Heft 7, September 1988, Seite 11-18 Verfasser: Niels Kranemann

Was bedeutet es heute für Freckenhorst und seine Bewohner?

Wenn man heute einen Freckenhorster nach der Bedeutung der Pielepogge fragen würde, käme mit Sicherheit der Frosch als Antowrt. Freckenhorst ist kein verschlafendes Dorf, eher das Gegenteil. In zahlreichen Organisationen, Verbänden und Vereinen sind die Freckenhorster aktiv und hier findet man auch immer wieder die Verbindung zur Pielepogge/Pilepogge, Pogge/Pugge, Pöggsken/Puggsken, Frosch, Frog oder wie man das kleine pussierliche Tierchen auch nennen will.

Hier ein paar Verwendungszwecke aus dem täglichen Leben in der Stiftsstadt - POGGEN POWER - Open-air-Musik-Festival des Mittwochstreff Freckenhorst e.V. - Poggenstiege - eine Gasse am Schloß - Poggen Treff - Imbissbude am Ortsausgang Richtung Everswinkel - Flying Frogs - Tanzgruppe - Pielepogge, Pielepogge, Quark, Quark, Quark - „Hellauruf“ beim Kinderkarneval - Pielepoggenbrunnen - der Brunnen am alten Bahnhof mit den Poggen, die Richtung Warendorf spucken! - Sparpoggen - Spardosen in den Freckenhorster Gaststätten, um 1984 für den Pielepoggenbrunnen Spenden zu sammeln. - Jankovic's PoggenPower-Suppe - Eine Delikatesse zum „Freckenhorster Herbst“ 1999, garantiert ohne Frosch! - Poggenschluck - Importiertes alkoholhaltiges Getränk aus Quarkenbrück anläßlich des „Freckenhorster Herbst“ 2000 - Pielepoggen-Kegelpokal - Kegeltunier zwischen den Freckenhorster Vereinen auf allen 3 Kegelbahnen im Ort - Poggen-Cup - Tennistunier zwischen den Freckenhorster Vereinen - Pielepoggen A-M Cup - Abteilung Boule der DFG-Warendorf - Pielepoggen Airport - Modelflugplatz am Ortsausgang Richtung Westkirchen - Poggentreff - Treffpunkt für Seminarteilnehmer in der Landvolkshochschule Freckenhorst - Die lustigen Pielepoggen - Kegelclub - Poggen-Dream-Team - Kegelclub

Auch wenn man uns früher oder vielleicht auch noch heute als kleine Fröschchen bezeichnet so können wir froh darüber sein. Denn wen wir mal über unsere Ortsgrenzen hinweg sehe, dann stößt man nördlich von Freckenhorst auf Warendorf mit Einwohnern, die wegen ihrer Last mit Ratten, liebevoll „städtsken Ratten“ bezeichnet werden. Im Süden bzw. Westen findet man Hoetmar bzw. Everswinkel, die beide ein Schwein bzw. Wildschwein in ihrem Wappen haben.

Gedichte von Augstin Wibbelt - Datt Pöggksten