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Das Evangeliar der Emma

Evangeliar aufgeschlagen[…] Das so genannte Evangeliar der Emma ist das älteste Objekt in der Stiftskammer. Es ist eine Pergamenthandschrift von 19 Zentimeter Höhe und 12,5 Zentimeter Breite und stammt aus ottonischer Zeit um die Jahrtausendwende. Dass es Evangeliar der Emma genannt wird, beruht auf einem lateinischen Gedicht, dessen mit roter Tinte hervorgehobene Anfangsbuchstaben jeder Zeile die Handschrift als Auftragsarbeit einer Klosterfrau mit diesem Namen identifizierbar macht. Auf den Pergamentblättern sind die lateinischen Texte der vier Evangelien versammelt. Zu Beginn des Lukas- und des Johannesevangeliums zeigen Schmuckseiten mit stilisierter Palmblattrahmung die an einem Pult schreibenden Evangelisten mit den ihnen zugeordneten Tiersymbolen. Evangeliar Beschlag Die Texte des Matthäus und des Markus beginnen ohne ganzseitige Bilder, wohl aber mit von Pflanzenwerk und Tiersymbolen verzierten großflächigen Anfangsbuchstaben. Aufgeschlagen findet der Besucher in einer Vitrine die Seiten 72 und 73 der Handschrift mit dem Bildnis des schreibenden Lukas, dem Stier als seinem Symbol und, gegenüber liegend, der wunderschönen Initiale Q des Wortes Quoniam. Der Betrachter kann aber auch die mit einem silbernen Engelskopf und zwei Flügeln gezierte Buchschließe sehen. Sie wurde im 17. Jahrhundert zusammen mit dem silberbeschlagenen barocken Einband geschaffen und schützt seither die Handschrift.

Evangeliar EinbandDer Einband, die Ausschmückung der Texte und die kunstvolle Schrift des Freckenhorster „Evangeliars der Emma“ zeigen dem heutigen Betrachter, dass die Texte der biblischen Offenbarung in frühen Zeiten des Christentums nicht nur gelesen, sondern als Wort Gottes tief verehrt wurden. Das Buch gehört zu den in ihrem Format kleineren Evangeliaren der sächsisch-westfälischen Raumes, von denen nur ganz wenige aus der Zeit der ottonischen Kaiser erhalten blieben. Es kündet auch von dem frommen Leben des Freckenhorster Klosters um das Jahr 1000 n. Chr. Als nur eines der vielen Kostbarkeiten der Stiftskammer wartet es auf Besucher aus der Stadt und ihrer Umgebung, die nach „verborgenen Schätzen“ Ausschau halten.

Klaus Gruhn